Die Geschichte des Israel-Syrien-Konflikts

Mit der Gründung des Staates Israel begann auch dessen Dauerkonflikt mit seinen Nachbarn. Anders als Jordanien und Ägypten hat Syrien nie Frieden mit Israel geschlossen. Seit 1948 flammt der Konflikt immer wieder auf.

Syriens Präsident Hafiz al-Assad während des Jom-Kippur-Krieges 1973 an der Front auf den Golanhöhen.

Syriens Präsident Hafiz al-Assad während des Jom-Kippur-Krieges 1973 an der Front auf den Golanhöhen.

Die Wurzeln des syrisch-israelischen Konfliktes liegen tief in der Vergangenheit. Als das Osmanische Reich nach dem Ersten Weltkrieg in sich zusammenfiel, riefen die arabischen Verbündeten der Briten in Damaskus eine arabische Republik aus. Ihr Plan war ein Staat, der die heutigen Länder Irak, Israel, Syrien, Libanon und Jordanien sowie große Teile der arabischen Halbinsel umspannen sollte – ein Gebiet, das seit über zwei Jahrtausenden Siedlungsgebiet der Araber war. Doch die westlichen Siegermächte hatten andere Pläne.

Das arabische Kernland wurde unter Briten und Franzosen aufgeteilt. Offiziell handelte es sich um Mandate des Völkerbundes, faktisch wurden die Gebiete wie Kolonien verwaltet. Großbritannien erhielt die Kontrolle über den Irak, Jordanien und Palästina, Frankreich besetzte Syrien und den Libanon. Grenzen wurden am Kartentisch gezogen, und zum ersten Mal seit den Kreuzrittern wurden Syrien und Palästina voneinander getrennt. Die syrische Bevölkerung setzte der französischen Besatzungsmacht von Anfang an heftigen Widerstand entgegen. Sie hatten im Krieg an der Unabhängigkeit gerochen und waren nicht bereit, diese Hoffnung einfach fahren zu lassen. 1930 erklärte Syrien sich zur Republik, doch es dauerte noch bis 1946, bis Frankreich seine militärische Besetzung des Landes endgültig aufgab.

Der Stachel im Fleisch der arabischen Welt

Um 1860 lebten gerade einmal 12.000 Juden im Gebiet des heutigen Israel. Verfolgungen in Russland führten ab 1882 zur ersten großen Einwanderungswelle in das damals noch zum Osmanischen Reich gehörende Land. Die zionistische Bewegung unter der Führung von Theodor Herzl verstärkte die Sehnsucht nach einem Ende der Diaspora. 1909 wurde mit Tel Aviv die erste moderne jüdische Stadt gegründet. Zum Ende des Ersten Weltkrieges war die jüdische Bevölkerung in Palästina auf etwa 80.000 angewachsen.

Ab 1917 kontrollierten die Briten das Land. Das ihnen vom Völkerbund übertragene Mandat verpflichtete sie, die weitere Einwanderung von Juden zu ermöglichen – ohne jedoch dabei die Rechte der arabischen Bewohner zu verletzten. Ein Drahtseilakt, wie sich schnell zeigen sollte – besonders als ab 1933 durch die Fluchtbewegung aus Deutschland die jüdische Bevölkerung um eine weitere Viertelmillion anstieg und es zunehmend zu Konflikten mit der eingesessenen arabischen Bevölkerung kam.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges war klar, dass die ungeklärte Lage in Palästina geregelt werden musste. Die frisch gegründete UNO verabschiedete 1947 einen Teilungsplan, der das Land in einen jüdischen und einen arabischen Teil zerlegte, mit Jerusalem als separatem Gebiet unter internationaler Kontrolle.

Der Beginn eines 64-jährigen Krieges

Die Araber, die die in den zurückliegenden 60 Jahren eingewanderten Juden als Eindringlinge sahen, lehnten den Teilungsplan ab. Die bevorstehende Gründung des jüdischen Staates wurde als Affront gesehen, der die Araber im gesamten Nahen Osten auf nie gesehene Weise zusammenschweißte. Bereits vor der Gründung Israels war offener Bürgerkrieg im Lande. Aus der erst kurz zuvor unabhängig gewordenen Republik Syrien wurden Soldaten ins Land geschleust, um die Araber in Palästina zu unterstützen. Trotzdem konnten die besser organisierten jüdischen Milizen bis April 1948 weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle bringen.

Mit dem Ende des britischen Mandats am 14. Mai 1948 proklamierte der Jüdische Nationalrat in Tel Aviv die Gründung des Staates Israel. Noch in der Gründungsnacht Israels erklärten Ägypten, Saudi-Arabien, Irak, Jordanien, Libanon und Syrien dem jüdischen Staat den Krieg. Während jordanische und irakische Truppen von Südosten und die ägyptische Armee von Südwesten nach Palästina vordrang, nahm Syrien das Gebiet am See Genezareth ins Visier.

Der Krieg wurde zum Desaster für die arabischen Länder. Den in West und Ost gut vernetzten jüdischen Einwanderern gelang es mühelos, das UNO-Waffenembargo zu umgehen und massiv aufzurüsten – während die Angreifer schon bald enorme Nachschubprobleme plagten. Am Ende hatte Israel nicht nur seine Existenz behauptet, sondern sogar erhebliche Gebietsgewinne gegenüber dem UN-Teilungsplan von 1947 gemacht. Die syrischen Truppen waren hinter den Jordan zurückgedrängt worden.

Nachdem Ägypten, der Libanon und Jordanien aus dem Krieg ausgeschieden war, blieb auch Syrien keine andere Wahl. Am 20. Juli 1949 wurde ein Waffenstillstand unterzeichnet, der die durch die Kämpfe geschaffenen Grenzen akzeptierte.

Der Konflikt um die Golanhöhen

Allen Seiten war klar, dass die Waffenstillstände von 1949 keine Dauerlösung waren. Allein schon die als Folge des Kriegs entstandene „Palästinenserfrage“ machte dies unmöglich. Etwa 800.000 Menschen – gut die Hälfte aller arabischen Einwohner – waren aus den jüdisch kontrollierten Gebieten geflohen, viele von ihnen in die Nachbarstaaten. In den folgenden Jahren wurde das israelische-syrische Grenzland Aufmarschgebiet für palästinensische Freischärler, während die Israelis versuchten, dort befestigte Siedlungen zu errichten. Permanente Übergriffe beider Seiten waren die Folge. Von den syrischen Golanhöhen, die östlich des Jordan steil ansteigen, wurde das israelische Inland regelmäßig beschossen.

In diesen Jahren wurde der Nahost-Konflikt zudem zunehmend in den Kalten Krieg hineingezogen. Während Israel konsequenten Anschluss an die USA und die NATO suchte, band die Sowjetunion die arabischen Staaten in ihr Bündnissystem ein und versorgte Syrien mit Waffen, Geld und militärischem Knowhow.

Ein weiterer Konfliktpunkt zwischen beiden Staaten war die Kontrolle über die Wasservorräte. Israel war in hohem Maße vom Jordan abhängig, die Quellen des Flusses Lagen jedoch in Syrien und im Libanon. Arabische Pläne, die Quellflüsse aufzustauen und umzuleiten, führten im Frühjahr 1965 zu Angriffen der israelischen Seite auf die Bauprojekte.

Israelische Panzer rücken im Sechstagekrieg 1967 auf die syrischen Golanhöhen vor.

Israelische Panzer rücken im Sechstagekrieg 1967 auf die syrischen Golanhöhen vor.

Eine Eskalation war nun nicht mehr zu vermeiden. Am 5. Juni 1967 zerstörten israelische Kampfflieger in einem koordinierten Überraschungsangriff die ägyptische, jordanische und syrische Luftwaffe am Boden. Es war der Auftakt zum Sechstagekrieg, in dem die siegreichen Israelis die ägyptische Armee bis an den Suezkanal zurückdrängte, Jordanien aus dem Westjordanland und Jerusalem vertrieb und die syrischen Golanhöhen besetzte.

Kriegszustand als Normalität

Syrien war in den 60er Jahren durch massive politische Wirren gegangen, die durch die verheerende Niederlage im Sechstagekrieg noch verstärkt wurde. 1958 hatten sich Syrien und Ägypten zur Vereinigten Arabischen Republik zusammengeschlossen. Die Dominanz Ägyptens führte jedoch schon 1961 zu einem Putsch in Damaskus und zur Auflösung der Verbindung. 1963 schließlich übernahm durch einen weiteren Putsch die Baath-Partei die Macht – die sie bis heute erhalten konnte. Stabilität brachte dies zunächst jedoch kaum: 1966 folgte ein weiterer Putsch und heftige Machtkämpfe innerhalb der Baath-Partei, aus denen erst 1970 Hafiz al-Assad als Sieger hervorging. Er lenkte für die nächsten dreißig Jahre die Geschicke des Landes als Staatspräsident.

Für Assad stand im Verhältnis zu Israel zunächst die Rückgewinnung der Golanhöhen an erster Stelle. Gemeinsam mit Ägypten, das die ebenfalls im Sechstagekrieg verlorene Sinai-Halbinsel zurückerobern wollte, griff Syrien am 6. Oktober 1973 die israelischen Stellungen an. Nach anfänglichen Gebietsgewinnen endete auch dieser Krieg – nach dem höchsten jüdischen Feiertag wird er Jom-Kippur-Krieg genannt – im Desaster für die arabische Seite. Ägypten begann Verhandlungen mit Israel und unterzeichnete als erster arabischer Staat 1979 ein Friedenabkommen.

Syrien hingegen blieb der Linie der Nichtanerkennung Israels treu. Zwar war das direkte Grenzgebiet seit der Besetzung der Golanhöhen ruhiger geworden, doch konnte der Libanon als Schauplatz eines Stellvertreterkrieges dienen, in dem sowohl Syrien als auch Israel massiv intervenierten. Während der Entspannungsphase der 90er Jahre, als die palästinensischen Autonomiegebiete in Gaza und Westjordanland entstanden, kam es erstmals zu Gesprächen zwischen beiden Ländern, die allerdings an der Weigerung Israels, die Golanhöhen zu räumen, scheiterten. Seitdem blieb der Status Quo erhalten: der Kriegszustand als Normalität.

Lesetipps zum Thema

Webtipps:

Literaturtipps:

  • Kinan Jaeger/Rolf Tophoven: Der Nahost-Konflikt – Dokumente, Kommentare, Meinungen, Bonn 2011.

  • Gerhard Schweitzer: Syrien – Religion und Politik im Nahen Osten, Stuttgart 1998.

  • Kristin Helberg: Brennpunkt Syrien – Einblick in ein verschlossenes Land, Freiburg/Basel/Wien 2012.